Die digitale KFO-Praxis

Warum der digitale Workflow in der Kieferorthopädie zukünftig alternativlos ist – und wieso Patientenzufriedenheit dennoch an allererster Stelle steht.
Dr. Franca von Dörnberg

 

Als ich Ende 2016 eine der ersten vollständig digitalisierten KFO-Praxen in Deutschland gegründet habe, bin ich auf viel Verwunderung und Skepsis gestoßen. „Wie, komplett abdruckfreie Praxis…?“ „Keine Gips-Modelle mehr…? Und was ist, wenn der Gutachter Modelle benötigt…?“ Viele solcher Fragen standen auch mir gegenüber, bevor ich meinen Plan vom vollständig digitalen Workflow in die Tat umgesetzt habe.

Medizin 4.0 und Patientenanspruch
Zunächst jedoch standen andere Themen in meinem Fokus, wie zum Beispiel: Wie wird sich die Medizin 4.0 zukünftig entwickeln? Dazu wäre zunächst zu klären: Was bedeutet das überhaupt? Bei Medizin 4.0 bezieht eine unmittelbar personenbezogene Dienstleistung den Faktor Mensch in den Prozess der Leistungserstellung ein [1]. Die Prozesse der medizinischen Leistungserstellung verschmelzen bei diesem Entwicklungsschritt immer mehr mit den Informationstechnologien. Hierdurch wird die Flexibilität der medizinischen Leistungserstellung erhöht und mehr auf den Patienten hin individualisiert [2].)

Die für mich zentrale Frage, die es zu beantworten galt:
Was wird sich der Patient zukünftig in einer sich immer rasanter drehenden Welt von uns Kieferorthopäden wünschen? Die Antwort lag klar auf der Hand: die persönliche Ansprache, die ärztliche Fürsorge und vor allem eins: Zeit für die Anliegen jedes einzelnen Patienten. Nur so kann sich über die Dauer einer meist mehrmonatigen kieferorthopädischen Behandlung ein positives Vertrauensverhältnis aufbauen, bei dem sich der Patient wahr- und ernstgenommen fühlt. In der Vergangenheit sah man und sieht man leider immer noch viele Praxen, in denen man eher das Gefühl hat, der administrative und personelle Aufwand überwiegt zeitlich die Dauer, die tatsächlich am Patienten verbracht wird. In Zeiten, in denen wir Ärzte öffentlich im Internet an den Pranger gestellt werden können (siehe Jameda, Google und Co.), halte ich es für sehr problematisch, wenn man sich nicht ausreichend Zeit für den Patienten nimmt oder ihn/sie nicht mit dem bestmöglichen Komfort kieferorthopädisch versorgt. Aus diesem Grund war die schlüssige Konsequenz: Reduktion aller zeitintensiven und administrativen Prozesse um die Behandlung herum, zu Gunsten der Zeit am Patienten und dessen Betreuung.

Patientenzufriedenheit durch Komfort und Klarheit
Alles beginnt mit der Erstberatung, die in meiner Praxis zwischen 30 und 60 Minuten – je nach Schweregrad des Falles und Informationsbedarfs des Patienten – liegen kann. Nach Besprechung der Therapieoptionen und einer im Verlauf folgenden Entscheidung des Patienten wird die Anfangsdiagnostik erstellt. Die Erstellung dauert inkl. aller Fotos, Röntgenbilder sowie des intraoralen Scans 15 Minuten. Hinzu kommt, dass all dies von einer Person umgesetzt werden kann. Der Komfort für unsere Patienten ist dabei enorm, da keine Wartezeiten und auch keine unangenehme Abdrucknahme stattfinden muss. Am Monitor kann der Intraoralscan direkt besprochen werden.

Zeiteinsparung schafft Freiraum
Durch Schnittstellen zu einschlägigen Anbietern verschiedener Behandlungsapparaturen werden die erstellten Unterlagen direkt elektronisch versandt, sodass alle Daten innerhalb von Minuten um die halbe Welt gesendet werden können. Durch diesen STL-Datensatz ist gleichzeitig die präzise Passung der hergestellten Apparaturen gewährleistet. Fehlabformungen am Patienten sind nicht mehr möglich. Die Genauigkeit ist nicht zu toppen und der Datensatz sicher auf Ihrem Praxisserver gespeichert, sodass Sie diesen jederzeit (mittels 3D Druck) reproduzieren und darstellen können. Defekte Gips/Labormodelle gehören somit ebenfalls der Vergangenheit an. Die Sparte des 3D-Drucks entwickelt sich ebenfalls rasant weiter und bietet uns Kieferorthopäden tolle Möglichkeiten, die man gut und einfach umsetzen kann, sodass insgesamt viel mehr Zeit für den Patienten und andere wichtige Zusammenhänge bleibt.

 


Aufgrund vieler Anfragen von Kollegen zur praktischen Umsetzung des vollständigen digitalen Workflows in der Kieferorthopädie, bietet Frau Dr. von Dörnberg einen eintägigen praktischen In-Office Kurs inklusive eines ausführlichen Skriptes (Anleitung zur Umsetzung des digitalen Workflows von A-Z inkl. praktischer und theoretischer Anleitung, Abrechnung, sowie kompletter Hardwareaufstellung) an.
Bei Interesse kontaktieren Sie bitte praxis@mp18.de
Die zwei kommenden Termine finden am Freitag, den 12.07.2019
und Freitag, den 18.10.2019 von 09:00-17:00 Uhr statt.
Die Kursgebühr beträgt 990 € zzgl. MwSt.


Digitalisierung als Chance
Ich habe meinen Praxisworkflow von Anfang an volldigitalisiert gestaltet. Dies ist sicher etwas einfacher, als umzusteigen – meiner Meinung nach gibt es dennoch mittelfristig keine Alternative. Nicht nur, dass der Anspruch der Patienten sich dahin gehend entwickeln wird – die Digitalisierung bringt uns als Praxisinhaber auch einfach sehr viele, im Moment noch vielleicht sogar entscheidende Vorteile. Wenn Sie sich also mit dem Thema beschäftigen, und das sollten wir alle tun, stellen Sie sich kritisch diesen Fragen:

  • Liegt Ihr Personalkostenanteil über 26% und wenn ja, warum?
  • Wie gestaltet sich Ihre Umsatzrentabilität?
  • Wie viel Zeit verbringen Sie im Alltag womit?
  • Erhalten Sie positives Feedback Ihrer Patienten?
  • Wie viel Müll produziert Ihre Praxis täglich?
  • Wie viel Zeit wird mit dem Ausgießen und Trimmen von Modellen aufgebracht?
  • Haben Sie noch Platz für Modellschränke?
  • Wie viele Rückfragen zur Behandlung erhalten Sie von Ihren Patienten?

Sie müssen natürlich selbst entscheiden, welche Konsequenzen die Beantwortung dieser Fragen für Sie und Ihre Praxis hat. Ich persönlich habe meine Entscheidung nicht einen Augenblick bereut und würde jederzeit wieder so handeln. Denn: Die Digitalisierung bringt im Hinblick auf die weitere Entwicklung im Gesundheitssektor ausschließlich positive Aspekte mit sich. Insofern wünsche ich Ihnen Mut zur Entscheidung und dann viel Freude beim Umsetzen.


[1] BMBF-Internetredaktion: Industrie 4.0 – BMBF.
[2] BMBF-Internetredaktion: Digitalisierung in der Medizin – BMBF.


Bildnachweis

Dr. Franca von Dörnberg