The new future – Ausblick in die Post-Corona-Zeit

Noch befinden wir uns im „Lockdown light“, an eine Zeit „nach“ Corona ist noch nicht zu denken. Oder doch? Das Zukunftsinstitut hat sich bereits Gedanken gemacht, wie Zukunft wieder neu entstehen kann.

Von Harry Gatterer

(veröffentlicht in Ausgabe 4 | 2020)

Wenn wir den Blick über den Tellerrand der aktuellen Virus-Krise lenken, empfangen wir unklare Bilder der Zukunft. Wir ahnen: Vieles wird anders. In vier Szenarien hat das Team des Zukunftsinstituts die Möglichkeitsräume ausgeleuchtet. Dies kann helfen, das Kommende zu antizipieren. Szenarien nehmen die Zukunft aber nicht vorweg, sie geben uns Hinweise auf das, was möglicherweise zu unserer neuen Zukunft wird.

Wie können wir daraus lernen, neue Bilder der Zukunft zu zeichnen? Dabei helfen uns die Megatrends. Als Konstanten des Wandels liegt in ihnen jene Zukunft eingeschrieben, mit der wir uns als Gesellschaft schon längst angefreundet haben. Sicherheit zum Beispiel, oder seit kurzem auch Neo-Ökologie. Die Urbanisierung und ja — natürlich — auch Globalisierung und Gesundheit. Die in den zwölf vom Zukunftsinstitut untersuchten Megatrends beschriebene Zukunft ist uns vertraut. Megatrends rahmen den langsamen Wandel der Gesellschaften. Daher sind Megatrends nie neu. Sie sind wie alte Bekannte — man lebt mit ihnen, reibt sich an ihnen und lernt sich und die Welt dadurch besser kennen.

Nun aber stellt sich die Frage: Gibt es sowas wie eine Konstante des Wandels überhaupt noch? Oder: Werden durch Corona alle Grenzlinien neu gezogen? Das wollten wir wissen. Deshalb haben wir mit Hilfe von Modellen aus der Netzwerkforschung, insbesondere den Techniken von FAS Research, eine Megatrend-Analyse der vier Szenarien unternommen. Das Ergebnis ist sehr spannend und hilfreich. Denn mittels dieser Einschätzung können wir unsere gewohnte Zukunft an der neuen Situation messen. Wir können lernen einzuschätzen, wie sich der Wirkraum des Clusterfuck Corona auf unsere Welt auswirkt.

Fünf robuste Megatrends:
Die Brücken in die Zukunft

In der vernetzten Analyse zeigt sich, dass fünf der zwölf Megatrends für alle Szenarien von zentraler Bedeutung sind. An diesen Megatrends werden sich die robusten Brücken in die Zukunft errichten lassen. Dabei handelt es sich wenig überraschend um die beiden Megatrends Sicherheit und Gesundheit; gefolgt von Konnektivität wie auch Individualisierung und — wie könnte es anders sein: Globalisierung. An diesen Megatrends wird sich die Zukunft jedenfalls ausrichten. Man kann sie lesen wie das strategische Einmaleins der kommenden Jahre. Wir werden als Gesellschaft Antworten brauchen für den Umgang mit diesen Megatrends. Sowohl in kultureller und technischer Hinsicht als auch im Regelwerk, auf das sich die Bürger dieser Welt verlässlich beziehen können.

Drei treibende Megatrends:
Die Change-Motoren der Zukunft

Im Epizentrum des Corona-Desasters stehen drei Megatrends, die sich in den kommenden Jahren als wahre Innovationstreiber herausstellen werden. Denn diese Megatrends sind mega betroffen von der Krise. Daher werden sie auch zu Change-Motoren unserer Gesellschaft und Wirtschaft. New Work zum Beispiel. Denn die Frage, wie und wo wir arbeiten, verhandelt sich nun im Sekundentakt. Viel wurde beraten darüber, wie sie aussehen könnte, diese neue Arbeit. Nun folgt der Übergang vom Wort zur Tat: Jetzt kommt es darauf an, dass neue Muster der Arbeit in Echtzeit eingeführt werden.

Next one: Silver Society. Das Virus hat uns deutlich gemacht, wie schwerfällig unser Umgang mit dem Alter ist. Wir schützen „die Alten“, aber haben wir sie dadurch schon re-integriert in unsere hektische Gesellschaft? Die letzten Jahre waren geprägt von einer Anti-Aging-Haltung. Die Zukunft einer älteren Gesellschaft gehört dem Pro Aging.

Nicht zuletzt wird sich der Change auch am mächtigsten Megatrend unserer Zeit messen: der Neo-Ökologie. Die Corona-Krise hat den Planeten durch den Zwangsstopp zum Durchatmen gebracht. Flüge sind gestrichen, Fabriken stehen. Der Himmel über China ist wieder zu sehen. Was nun folgen wird, ist ein schierer Run auf das Neubewusstsein im Umgang mit unserem Planeten — haben wir doch final verstanden, dass auch wir „nur“ Natur sind.

Vier ambivalente Megatrends:
Die Sprungbretter zur Innovation

Die übrigen vier Megatrends sind weder robuste Säulen der Veränderung, noch sind sie die Treiber des Wandels. Was diese in eine interessante Lage bringt: Sie können zu entscheidenden Innovationstreibern werden. Wer braucht in Zeiten von Corona schon den Gender Shift? Wie wichtig kann die Wissenskultur sein, wenn Leben auf dem Spiel stehen? Wie viel mehr Mobilität brauchen wir noch, wenn doch alle zu Hause arbeiten? Oder warum sollten wir noch mehr Urbanisierung wollen, wenn wir doch erstmal mit dem Globalen hadern? Diese Megatrends scheinen ein bisschen außen vor zu sein, aus der Zukunft nach Corona. Und genau deshalb haben sie so viel Kraft.


Auf der Website des Zukunftsinstituts werden in den kommenden Tagen diese Kategorien der Megatrends näher vorgestellt. Dort finden Sie eine Einführung in das Denken in Megatrends — gerade jetzt, wo die Welt sich so radikal und rapide ändert. Jeder einzelne Trend wird beleuchtet und hinterfragt: Was ist die Rolle dieses Trends nun ganz genau? Worin liegen Kraft und Stärke dieses Trends? Und: Wie wird sich dieser Trend ändern und in neuer Form aus dem Krisenmodus herauskommen?

https://www.zukunftsinstitut.de/dossier/megatrends/


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