Checkup: Praxismietvertrag

(veröffentlicht im ORTHOforum 2020)

Der Praxismietvertrag hat für Zahnärzte und Kieferorthopäden eine große Bedeutung. Denn regelmäßig handelt es sich aufgrund der langen Laufzeiten (z.B. 10 bis 15 Jahre mit weiteren Verlängerungsoptionen) um eine hohe finanzielle Belastung, die durch den Abschluss eines Mietvertrags herbeigeführt wird. Deshalb spielt der Praxismietvertrag bei Neugründungen, Praxisübernahmen und im gesamten Berufsleben eine tragende Rolle. Auch bei der Praxisabgabe kommt dem Mietvertrag eine hohe Bedeutung zu; denn ein risikoträchtiger Mietvertrag mit – im worst case – unwirksamen Klauseln kann den Kaufpreis einer Praxis deutlich reduzieren und den Praxisabgeber in eine schlechte Verhandlungsposition bringen.

 
Laufzeit von maximal 30 Jahren

Zunächst ist zu beachten, dass ein Mietvertrag nach Ablauf von 30 Jahren kraft Gesetzes ab dem Zeitpunkt der Überlassung mit der gesetzlichen Frist gekündigt werden kann, vgl. § 544 BGB. Es handelt sich also um ein Sonderkündigungsrecht. Deshalb ist gerade bei älteren Mietverträgen darauf zu achten, dass diese Schwelle, bei der Festlaufzeiten und Optionszeiten addiert werden, nicht erreicht wird. Denn sonst droht eine Kündigung.

Rückbauverpflichtungen

Daneben finden sich in Mietverträgen oftmals Regelungen zu Rückbauverpflichtungen. Da diese bei einem Auszug der Praxis mit hohen finanziellen Belastungen einhergehen können, sollte im Mietvertrag idealerweise vereinbart werden, dass eine Rückbauverpflichtung bei Auszug bzw. Beendigung des Mietverhältnisses nicht besteht. Gerade bei der Übernahme von bereits vorhandenen Praxismietverträgen, z.B. im Rahmen einer Praxisübernahme oder eines Einstiegs in eine Gemeinschaftspraxis, ist darauf zu achten, dass die Rückbauverpflichtung nicht „einfach so“ übernommen wird. Eine Rückbauverpflichtung kann sich deshalb, wenn sie erkannt wird, ebenfalls auf den Kaufpreis negativ auswirken.

Konkurrenzschutz

Neben den genannten Regelungen sind in Praxismietverträgen häufig Regelungen zum Konkurrenzschutz enthalten. Denn der Zahnarzt/Kieferorthopäde als Mieter hat regelmäßig ein Interesse daran, dass der Vermieter im selben Gebäude oder in unmittelbarer Nähe keine weiteren Praxisräume an zahnärztliche/kieferorthopädische Kollegen vermietet.

Zunächst ist es einmal so, dass ein Konkurrenzschutz auch ohne ausdrückliche Regelung im Praxismietvertrag gewährleistet ist; es handelt sich hier um den sog. vertragsimmanenten Konkurrenzschutz (vgl. z.B. den Beschluss des Kammergerichts Berlin vom 26.11.2018, Az.: 8 W 58/18). Um unnötige Diskussionen zu vermeiden, sollte, wenn ein Konkurrenzschutz vereinbart werden soll, eine vertragliche Regelung aufgenommen werden, die sich im Rahmen des rechtlich Zulässigen bewegt. So kann sich der Wettbewerbsschutz in den Grenzen des § 138 BGB z.B. auch auf Grundstücke des Vermieters erstrecken, die nicht benachbart sind (vgl. hierzu BGH, WM 1968, 699; OLG Hamm, MDR 1987, 320).

Erwähnenswert ist weiter, dass ein Verstoß gegen eine Konkurrenzschutzklausel nach dem BGH einen Sachmangel begründet (vgl. BGH, Urteil vom 10. 10. 2012 – XII ZR 117/10). Der Mieter kann also z.B.

  •  vom Vermieter gem. §§ 535, 536 BGB Erfüllung, also Unterlassung (Verhinderung/Beseitigung) der vertragswidrigen Konkurrenzsituation verlangen,
  •  die Miete nach § 537 BGB mindern,
  •  Schadensersatz (z.B. wegen Gewinnausfall) nach § 538 I BGB verlangen oder
  •  nach erfolgloser Fristsetzung gem. § 542 BGB fristlos kündigen.
Praxistipp

Der Mietvertrag enthält viele weitere Regelungen, die in diesem Beitrag nicht alle diskutiert werden können. So sind z.B. Regelungen für den Verlust der Zulassung oder der Approbation ebenso wichtig wie Regelungen für Praxisschilder, die nach dem Auszug an der Mietsache noch verbleiben dürfen. Wichtig ist, dass dem Mietvertrag eine hohe praktische Relevanz zukommt und aufgrund der Tatsache, dass es in der Regel – vorbehaltlich des Darlehensvertrags – der einzige Praxisvertrag mit derart langen Laufzeiten ist, mit immensen wirtschaftlichen Verpflichtungen einhergeht.

Um bei einem Auszug, einer Praxisumstrukturierung, wie z.B. einer Erweiterung etc., oder einer Umwandlung der Praxis in ein MVZ keine bösen Überraschungen zu erleben, sollte der Praxismietvertrag unter medizinrechtlichen Besonderheiten geprüft und angepasst werden. Der Anpassungsbedarf kann erheblich sein und ist dies regelmäßig vor allem dann, wenn auf Musterverträge, wie z.B. einen klassischen Gewerberaummietvertrag zurückgegriffen wird, der für gewerbliche Mieter, wie z.B. Einzelhändler etc. konzipiert wurde und deshalb – verständlicherweise – keinerlei medizinrechtliche Besonderheiten enthält.


Christian Erbacher, Rechtsanwalt bei Lyck+Pätzold

Rechtsanwalt Christian Erbacher, LL.M. (Medizinrecht) ist in der Kanzlei Lyck+Pätzold, Bad Homburg, tätig. Seit Beginn seiner anwaltlichen Tätigkeit hat er sich auf den Bereich des Medizinrechts spezialisiert. Außerdem berät er in allen Fragen zu E-Health, Telemedizin, mobile Gesundheit, ferner zum Datenschutz und zum Wettbewerbsrecht.


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