Dos & Don’ts in der digitalisierten KFO Praxis

Digitalisierung jetzt erfolgreich umsetzen. Über Fallstricke und Chancen.

(veröffentlicht in Ausgabe 2/2020)

I. Digitalisierung aktiv angehen

Ganz gleich, wie lange Sie noch im Berufsleben sein wollen, das Thema Digitalisierung in Ihrer Zahnarztpraxis sollten Sie aktiv angehen. Dazu gehören zunächst simple steps wie Einverständniserklärungen aktualisieren und prüfen, ob Ihre Praxis DSGVO-konform ausgestaltet ist oder Sie die Gelegenheit nutzen, Ihrer Homepage einen modernen Anstrich zu verleihen. 

Betrachten Sie die Investitionen, die Sie jetzt in die Digitalisierung Ihrer Praxis stecken als Investitionen, die Ihren späteren Verkaufspreis der Praxis steigern werden. Viele Umsetzungen, wie die elektronische Patientenakte, werden ohnehin verpflichtend, so dass gesetzliche Änderungen, wie sie das TSVG bringen, nicht länger ignoriert werden können. Holen Sie ggf. externe Hilfe mit ins Boot von Unternehmensberatern oder Juristen, die den Dentalmarkt kennen und wissen, welche Änderungen zwingend sind und welche Digitalisierungsschritte Ihre Praxis lukrativer gestalten können.


 

don‘t:
Sich auf dem Gedanken ausruhen, dass Sie bald in Ruhestand gehen und das Thema Digitalisierung nur jüngere Kollegen betrifft.

do:
Das Thema Digitalisierung kann von keinem Berufsträger mehr ignoriert werden. Experten halten nicht digitalisierte Praxen im Jahr 2020 für nicht mehr verkäuflich. Fragen Sie sich, welche Schritte Sie zur digitalisierten Praxis umsetzen müssen und integrieren Sie neue Workflows in Ihre Praxis.

 


Leonie Unkelbach, Rechtsanwältin bei Lyck+Pätzold

Ihre Affinität und Leidenschaft zum Medizinrecht ist durch ihre Familie begründet und Frau Unkelbach hat schon früh einen Einblick in den Krankenhaus- sowie Praxisalltag bekommen. Dadurch hat sie ein hohes Verständnis einerseits für die medizinische Arbeitsweise und andererseits für die Regularien im Gesundheitswesen übernommen. Ihr Fokus liegt auf einer verständlichen Rechtsberatung, die stets einen Mehrwert hat und mit einer klaren Handlungsempfehlung für das weitere strategische Vorgehen schließt.

Lyck+Pätzold
Die Kanzlei wurde im Jahr 2002 durch die Rechtsanwälte Katri Helena Lyck und Jens Pätzold in Bad Homburg gegründet. Im Laufe der Jahre begann eine besondere Ausrichtung der Kanzlei neben der Medizinprodukteindustrie auf den Dentalmarkt. Die Kanzlei berät zahlreiche Zahnarztpraxen in allen Fragen mit Medizin- und Praxisbezug, dies reicht von den klassischen Fragen des Medizinrechts, dem Arbeitsrecht in der Praxis, dem ärztlichen Gesellschaftsrecht, den Praxisauseinandersetzungen, der Praxismietverträge bis hin zum gewerblichen Rechtsschutz.

Für ORTHOorofacial beleuchten die Rechtsanwälte von Lyck+Pätzold rechtliche Stolperfallen in der fach-/zahnärztlichen Praxis.

II. Was muss ich bei Online-Termin-Vereinbarungen beachten?

Einige Praxen bieten ihren Patienten bereits an, dass diese online ihre Termine vereinbaren können. Dafür richtet der Kieferorthopäde auf seiner Homepage ein Tool ein, mit dem Patienten freie Behandlungszeiten angeboten werden, die sie selbstständig buchen können. Hierzu gibt es am Markt unterschiedliche Anbieter. 

Von der Implementierung können beide Seiten profitieren: der Kieferorthopäde muss kein Personal zur Entgegennahme von Anrufen bereithalten, sondern kann Mitarbeiter mit abrechenbaren Leistungen versorgen. Für den Patienten besteht der Vorteil, dass er in keiner telefonischen Warteschleife auf eine Terminvergabe warten muss und sich den Griff zum Hörer gänzlich sparen kann.

Was gilt es aus juristischer Sicht zu beachten? Sobald die Patienten ihre Daten über das Online- Tool absenden oder auf die Speicher-Funktion drücken, liegt eine Datenverarbeitung von personenbezogenen Daten vor. Dies verpflichtet Sie als Verantwortlicher zur Bereitstellung einer Datenschutzerklärung. Diese muss der Patient akzeptieren („Ich erkläre mich mit der Datenschutzerklärung einverstanden“), bevor er seine Daten an Sie senden kann. In der Datenschutzerklärung müssen Sie die Patienten über den geltenden Datenschutz informieren und darüber, wie Sie mit den bereitgestellten Daten umgehen werden.

Erforderlich ist ebenso, dass Sie Ihre Homepage mittels SSL-Verschlüsselung verschlüsseln. Solch eine Verschlüsselung muss immer dann eingerichtet sein, wenn ein Kontaktformular die Kontaktaufnahme ermöglicht. 

Sobald Sie Daten als Verantwortlicher verarbeiten, sind alle Datenverarbeitungsschritte in ein Datenverarbeitungsverzeichnis einzutragen und der Patient muss in Ihre allgemeinen Geschäftsbedingungen eingewilligt haben. Hier bietet sich wieder die Opt-in-Funktion, mittels Setzen eines Häkchens, an.

Optional können Sie ein Ausfallhonorar vereinbaren. Es ist darauf zu achten, dieses sorgfältig zu formulieren. Die Regelung muss für den Patienten transparent als solche erkennbar sein, weil sie ansonsten als überraschende Klausel unwirksam ist.


 

 

 

 

don‘t:
Die Vorteil der Online-Terminvereinbarungsservice
gar nicht oder rechtsfehlerhaft wahrnehmen.

 

 

 

 

do:
Praxispersonal nicht zur Anrufentgegennahme einsetzen, sondern die eigene Homepage so aufrüsten, dass
Patienten online Termine buchen können.
Die Formulierung eines Ausfallhonorars schützt Sie vor ungenutzter Arbeitszeit und empfiehlt sich daher zu vereinbaren.

 

 

 

 


III. Wie kann ich meine Praxis in den sozialen Medien vorstellen?

Die Präsentation der Praxis im Internet oder in den sozialen Netzwerken hilft bei der Patientenakquise. Hilfreich kann ein virtueller Praxisrundgang sein, bei dem sich der Patient die Räumlichkeiten anschauen kann. Er kann schon von zu Hause entscheiden, ob er sich dort bei einer Behandlung wohlfühlen würde. Nicht selten spielt die persönliche Sympathie eine Rolle, so dass die persönliche Vorstellung der Angestellten auf der Praxishomepage hilfreich sein kann, denn erst das Personal gibt Ihrer Praxis ein Gesicht. 

Möchten Sie Ihre Homepage oder Ihre eigenen Druckerzeugnisse personalisieren und Ihre Angestellten abbilden, müssen Sie allerdings von Ihren Mitarbeitern eine schriftliche Einwilligungserklärung in die Bildverarbeitung einholen. Die Einwilligung muss so ausgestaltet sein, dass der Angestellte über die konkreten Zwecke der Verwendung der Fotos aufgeklärt wird.

Dabei gilt der Grundsatz: je tiefer die Bildveröffentlichung in die Privatsphäre der Angestellten eingreift, desto ausführlicher muss die Aufklärung und die Verwendungsabsicht für die Bilder dargelegt werden. Daher sollten Zweck, Dauer und Umfang der Bildveröffentlichung festgelegt werden. Wichtig ist: Ihre Angestellten haben keine Pflicht, sich für Werbezwecke zur Verfügung zu stellen und müssen in Ihr Vorhaben nicht einwilligen.

Zu beachten sind bei ärztlicher Werbung insbesondere die Vorschriften aus dem Heilmittelwerbegesetz (HWG) sowie dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG). Beide Gesetze verbieten irreführende Werbung oder bestimmte Formen der ärztlichen Werbung in Gänze. Solch eine Irreführung liegt vor, wenn Angaben geeignet sind, die umworbenen Verkehrskreise in ihrer Entscheidung zu beeinflussen. Doch was heißt das nun konkret? Jeder Einzelfall muss für sich in einer Gesamtschau betrachtet werden, damit keine Abmahnungen drohen. Denn die Rechtsprechung ist durch einen ständigen Wandel der Publikumsvorstellungen nicht stringent.


 

 

 

 

don‘t:
Die Digitalisierung nicht oder fehlerhaft nutzen und so Abmahnungen riskieren.

 

 

 

 

do:
Eine aussagekräftige Außendarstellung nutzen, um die Reichweite zu vergrößern. Achten Sie bei Bildveröffentlichungen stets darauf, dass alle gezeigten Personen in die Bildverarbeitung eingewilligt haben.

 

 

 

 


IV. Fazit

In den letzten Jahren ist die Digitalisierung in der Zahnmedizin angekommen und kann in vielerlei Hinsicht wirksam genutzt werden, um abrechenbare Arbeitszeiten zu sparen und Prozessabläufe zu optimieren. Wir empfehlen Ihnen, sich für die zwingenden rechtlichen Vorschriften und Schritte, juristische Unterstützung einzuholen, damit die Datenverarbeitung ohne Gefahr von Abmahnungen vollzogen wird. 

Daneben soll in aller Kürze auf die neue Medical Device Regulation (MDR) hingewiesen werden, die ursprünglich ab Mai 2020 Geltung erhalten sollte. Das Europäische Parlament hat der Verschiebung des MDR-Geltungstermins um ein Jahr zugestimmt, so dass Zahnarztpraxen mit eigenem Dentallabor ab Mai 2021 ebenfalls unter den juristischen „Hersteller“-Begriff fallen, so dass neue Nachweis- und Überwachungspflichten mittels Qualitätsmanagementsystemen eingehalten werden müssen. Hier lohnt es sich ebenfalls, die bestehenden Abläufe durch einen Experten auf die neuen Vorgaben überprüfen zu lassen!


Bildnachweis

sdecoret – adobe-stock.com
Lyck+Pätzold