12. Benefit Usermeeting mit neuem Teilnehmerrekord

Über 500 Teilnehmer/innen aus 51 Ländern trafen sich am 2. und 3. Juni zu dem sicherlich hochkarätigsten internationalen Kieferorthopädischen Meeting in Deutschland, welches von den beiden Tagungspräsidenten Prof. Dr. Dieter Drescher und Prof. Dr. Benedict Wilmes geleitet wurde. Nach der Begrüßung am Freitagmorgen zeigten die Professoren Drescher und Wilmes im Rahmen eines Starterkurses die Basics der skelettalen Verankerung, insbesondere die Nutzung von palatinalen Mini-Implantaten. Das spannendste Thema war dabei neben der Digitalisierung sicher die neue Benefit für Alignertechnik (BAT), mit der sich Aligner-Limitationen durch smarte Nutzung skelettaler Verankerung (Slider und Expander) umgehen lassen.

 

In der Mittagspause gab es Hands-On Stationen, an welchen sich die Teilnehmer beim Biegen eines Benesliders ausprobieren konnten, oder selbst Mini-Implantate an Kunststoffmodellen inserieren konnten. Beim Nachmittags-Kurs widmeten sich Prof. Ravi Nanda (Connecticut, USA) und PD Dr. Björn Ludwig (Traben-Trarbach) dem Fear of Missing Out (FOMO). Sie sprachen sich dafür aus, nicht jedem Trend blind nachzulaufen, aber auch „out of the box“ zu denken. So lassen sich manche Behandlungsschritte besser mit einer Multiband-Apparatur lösen, andere jedoch auch sehr gut mit Alignern. Sowohl von Prof. Nanda als auch von PD Ludwig wurden die neuen Möglichkeiten der direkt gedruckten Aligner (Graphy) vorgestellt und intensiv diskutiert. Die Kombination verschiedener Behandlungs-Techniken je nach Diagnose scheint auch bei allen Fortschritten der Aligner-Technologie nach wie vor der beste Behandlungsansatz zu sein. Das Get-Together in der Tino’s Bar bildete den krönenden Abschluss eines tollen ersten Tages.

Am zweiten Kongresstag lagen die thematischen Schwerpunkte auf der Mini-Implantat-unterstützen GNE (MARPE) und auf der Vereinbarkeit von TADs mit Alignern. Die Vormittagssession eröffnete der Dr. Juan Carlos Varela (Santiago de Compostela, Spanien) mit einem spannenden Vortrag zur Kombination der skelettalen Verankerung und 3D-Technologien zur maxillären Expansion. Er zeigte komplexe Patientenfälle, die er mit Hilfe eines Expanders auf vier Mini-Implantaten behandelte und bei denen er eine chirurgische Unterstützung der Gaumennahterweiterung vermeiden konnte. Dr. Heinz Winsauer (Bregenz, Österreich) sprach sich für eine langsame und kraftkontrollierte Aktivierung der skelettalverankerten GNE-Apparaturen aus. In der letzten Session des Vormittags präsentierte Dr. Nour Tarraf (Sydney, Australien) verschiedene Therapiemöglichkeiten zur Gaumennahterweiterung und Korrektur einer Klasse III mittels skelettaler Verankerung. Er zeigte die Probleme mit Gesichtsmaske und dental verankerter GNE und empfahl stattdessen eine skelettale Verankerung mittels Hybrid­hyrax im Oberkiefer. Er zeigte den Einsatz der Hybrid-Hyrax eindrucksvoll am Beispiel seiner beiden Töchter. Ein weiteres faszinierendes Thema seines Vortrags war die Verbesserung der Nasenatmung durch die Mini-Implantat getragene maxilläre Expansion.

Dr. Won Moon aus Los Angeles (USA) empfahl die Verwendung von nichtrigiden Armen als Verbindung zu den Ankerzähnen, um ungewünschten Zahnbewegungen bei der TAD-GNE vorzubeugen. Dr. Audrey Yoon (Stanford, USA) teilte wertvolle Tipps, Tricks und „Pearls“, wie Komplikationen bei der MARPE vermieden werden können. Dr. Yoons Expertise und Präsentationstalent machten sie zu einem inspirierenden Vorbild insbesondere für alle Teilnehmerinnen. Professor Drescher sprach anschließend über die digital designten MARPE-Apparaturen (zb. von TADMAN). Außerdem erklärte er, dass die reine dentale Verankerung im Rahmen einer Klasse III Behandlung mit Gesichtsmaske aufgrund der ausgeprägten dentalen Nebenwirkungen (Mesial-Wanderung der Zähne) heutzutage obsolet sei. PD Dr. Björn Ludwig aus Traben-Trarbach präsentierte auf dem Kongress interessante Erkenntnisse zum sogenannten “Banana-Effekt” bei der Verwendung einer konventionellen Hyrax-Schraube. In seinen Vortrag kam er zu dem Schluss, dass es empfehlenswert ist, stattdessen die PowerScrew einzusetzen, um diesen Effekt zu vermeiden. Dr. Jorge Faber (Brasilia, Brasilien) referierte auf dem Kongress über das Thema “To MARPE or not to MARPE“. Er empfahl dringend die Verwendung der HybridHyrax zur Vermeidung unerwünschter dentaler Effekte. Darüber hinaus präsentierte er die Auswirkungen der Hyrax-Apparatur auf die Verbesserung der Nasenatmung und Behandlung von Schlafapnoe.

Das absolute Highlight des Kongresses war sicher die Round-Table-Diskussion unter der Leitung von Prof. Ravi Nanda. Die „Take Home Messages“ zum Thema GNE lassen sich wie folgt zusammenfassen:
1. Je mehr skelettale Verankerung eingesetzt wird, desto weniger dentale Kippungen und mehr skelettale Expansion, desto eher eine Verbesserung der Nasenatmung.
2. Aufgrund der skelettalen Verankerung kann bei vielen Jugendlichen und Erwachsenen eine Expansion ohne chirurgische Schwächung erfolgen. Insbesondere bei weiblichen Patienten sind die Chancen als recht hoch zu bewerten, je nach Studie 60 – 85 Prozent Erfolg.

Nach der Kaffeepause zeigte Dr. Kenji Ojima (Tokyo, Japan) die Kombination von Alignern und TADs als optimale Behandlungsmethode für etwas komplexere Alignerfälle. Dr. Ojima stellte ein interessante Variante eines Hybrid-Benefit-System vor, das auf CAD/CAM Kunststoffkomponenten für Beneslider und Mesialslider basiert. Dr. Mehdi Peikar (Carrollton, USA) stellte anschliessend die Brava Apparatur von Brius vor. Diese lingual eingesetzte Apparatur ist mit individuellen NiTi-Elementen für jeden Zahn ausgestattet, die eine unabhängige und friktionslose Bewegung der Zähne ermöglichen. Dr. Peikar demonstrierte ebenfalls die Kombinationen der Brius Apparatur mit dem Benefit System, um die Verankerung sicherzustellen. Am Ende des Kongresses diskutierte Professor Wilmes die Frage, ob alle Fälle mit Alignern behandelt werden können. Er präsentierte zunächst die Probleme in der Alignertherapie, gab aber anschließend eine Vielzahl hilfreicher Tipps und Tricks, wie die Grenzen der Aligner-Behandlung überwunden werden können.

Auch in diesem Jahr gab es beim User-Meeting eine Posterausstellung, die die Teilnehmer während den Pausen neben der Industrieausstellung besuchen konnten. Den Preis für das beste Poster gewann übrigens Dr. Elvira Patroi (Bukarest, Rumänien). Am Samstagabend luden die Professoren Drescher und Wilmes die Teilnehmer zur Benefit Party auf das Canoo Boot auf dem Rhein ein, wo bereits die Vorfreude auf das 13. Anwendertreffen gefeiert wurde, welches am 26. und 27. April 2024 stattfindet. Mehr Infos unter www.benefit-user-meeting.de