Dos and Don’ts zur Bezeichnung als „Praxis für Kieferorthopädie“?

Ein aktuelles Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) legt fest, unter welchen Voraussetzungen sich eine Praxis als „Praxis für Kieferorthopädie“ bezeichnen darf.

von RA Anna Stenger, Kanzlei Lyck+Pätzold (veröffentlicht in Ausgabe 04 |2021)

I. Fachzahnarzt für Kieferorthopädie
Bei Zahnärzten gibt es drei wesentliche Qualifikationsebenen nach dem zahnärztlichen Berufs- und Weiterbildungsrecht, nämlich den approbierten Zahnarzt, den Zahnarzt mit Tätigkeitsschwerpunkt und den Zahnarzt, der eine gesetzlich geregelte Fachzahnarzt-Weiterbildung absolviert hat. Daneben gibt es zahlreiche weitere in- und ausländische Bezeichnungen, Grade und Titel, die von Zahnärzten erworben werden können. Hieraus resultiert häufig die Frage, wie der Zahnarzt sich und seine Praxis bezeichnen darf. Kündigt der Zahnarzt seine berufliche Tätigkeit öffentlich an, so ist er berufsrechtlich nicht nur berechtigt, sondern auch verpflichtet, die Bezeichnung „Zahnarzt“ zu führen. Ein „Tätigkeitsschwerpunkt Kieferorthopädie“ kann angekündigt werden, wenn ein Zahnarzt – in der Regel nach der eigenen Einschätzung – in einem erheblichen Umfang kieferorthopädisch behandelt. Konkrete Vorgaben, unter welchen Voraussetzungen der Tätigkeitsschwerpunkt Kieferorthopädie geführt werden darf, gibt es nur in einigen Kammerbezirken.

Durch eine mehrjährige hauptberufliche Weiterbildung (Assistenzzeit) mit abschließender Prüfung kann die Gebietsbezeichnung „Fachzahnarzt für Kieferorthopädie“ erworben werden. Der Titel des „Fachzahnarzt für Kieferorthopädie“ setzt also eine Fachzahnarztweiterbildung voraus, während derer ein bestimmter Leistungskatalog zu erfüllen ist. Zudem muss die Qualifikation in einer Abschlussprüfung vor der Zahnärztekammer nachgewiesen werden, bevor der Fachzahnarzt-Titel geführt werden darf.

do: Qualifikationen nach dem zahnärztliche Berufs- und Weiterbildungsrecht können selbstverständlich in der Außendarstellung der Person und Praxis verwenden werden.

II. Master of Science Kieferorthopädie
Der BGH hat nunmehr in einem aktuellen Urteil vom 29.07.2021 (I ZR 114/20) festgestellt, dass ein Zahnarzt, der nicht Fachzahnarzt für Kieferorthopädie ist, ebenfalls mit den Angaben „Kieferorthopädie“ oder auch „Praxis für Kieferorthopädie“ werben darf. Zwar sei es denkbar, dass durch eine solche Praxisbezeichnung bei den Patienten eine Fehlvorstellung entstehe – nämlich dahingehend, dass der Zahnarzt auch einen entsprechenden Fachzahnarzttitel erworben hat. Diese Gefahr hat auch der BGH gesehen. Der BGH wies aber gleichzeitig darauf hin, dass man dieser Vorstellung der Patienten entgegenwirken kann, indem man entsprechende Hinweise vornimmt. Hierzu reicht es nach Auffassung des BGH aus, dass der Zahnarzt seinen Namen und den entsprechenden Master of Science Titel zur Praxisbezeichnung hinzufügt. Im konkreten Fall hatte der betroffene Zahnarzt nicht nur seinen von der Zahnärztekammer anerkannten Tätigkeitsschwerpunkt in der Kieferorthopädie, sondern er verfügte auch über ein „Master auf Science Orthodontics“. Allerdings hatte er keine Weiterbildung zum Fachzahnarzt absolviert. Da er überwiegend auf dem Gebiet der Kieferorthopädie tätig war, hat er seine Praxis in der öffentlichen Darstellung als „Praxis für Kieferorthopädie“, als „Zahnarztpraxis für Kieferorthopädie“ oder auch als „Kieferorthopädie in der xy-Straße“ bezeichnet. Die zuständige Zahnärztekammer hat dies beanstandet und war der Auffassung, hierdurch würden die Patienten in die Irre geführt, weil sie hinter einer solchen Praxisbezeichnung auch einen Fachzahnarzt für Kieferorthopädie erwarten würden. Hierzu hat der BGH nun festgestellt, dass der Zahnarzt seine Praxis durchaus so benennen darf, soweit er der hierdurch möglicherweise hervorgerufen Fehlvorstellung, er sei auch ein Fachzahnarzt, durch eine entsprechende Aufklärung entgegenwirke.

do:  Der komplette Zusatz des „Master of Science Kieferorthopädie“ hinter dem Namen reicht hingegen aus, um einer möglichen Irreführung von Patienten entgegenzuwirken und über die Art der Qualifikation aufzuklären.

don´t: Der Zusatz „Msc.“ allein reicht nicht aus, um einer Fehlvorstellung entgegenzuwirken, da hieraus noch nicht hervorgeht, dass es sich um einen „Master of Science Kieferorthopädie“ handelt.

III. Praxistipp
Der BGH hat mit dieser Entscheidung eine Klarstellung zur Praxisbezeichnung im Bereich der Kieferorthopädie vorgenommen. Dies führt zu einer Aufwertung des Titels „Master of Science“. Zahnärzte, die über einen solchen Titel verfügen, wissen nun, dass sie ihre Spezialisierung auch im Praxisnamen wiedergeben dürfen, soweit der Master of Science in diesem Zusammenhang ordentlich und vollständig benannt wird. Für den Bereich der Kieferorthopädie hat der BGH mit dieser Entscheidung die Rahmenbedingungen für eine zulässige Praxisbezeichnung jetzt sehr genau definiert.

do: Die Nennung von Spezialisierungen bereits im Praxisnamen ist möglich, soweit die einschlägigen Rahmenbedingungen beachtet werden und möglichen Fehlvorstellungen entgegengewirkt wird.



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