Editorial

Liebe Leserin, lieber Leser,

„am Kiefergelenk hängt eben ein ganzer Mensch!“ Dieser Satz, so gefallen im Doppelinterview mit dem Präsidenten und Vizepräsidenten des CMD-Dachverbandes, Dr. Jan V. Raiman und Ralf Kusch, bringt auf den Punkt, was ein ganzes Heft zu füllen vermag (und noch deutlich mehr …): Dass ein komplexes Krankheitsbild wie das der Craniomandibulären Dysfunktion eben auch ein komplexes Netzwerk an Behandlern, an Strategien und an Know-how erfordert. Dass es längst nicht mehr genügt, sich im eigenen (fach-)zahnärztlichen Universum zu bewegen. „Ein alter Hut“, möchte man dem entgegenschleudern. Doch … so alt scheint der Hut nicht zu sein.

Ich war erstaunt. Nachdem im vergangenen Frühjahr Fortbildungsveranstaltungen aller Orten wieder Fahrt aufnahmen, hatte ich das Vergnügen, zahlreiche Kurse und Kongresse besuchen zu dürfen. Fast immer fand sich der Begriff der Interdisziplinarität – im Vortragstitel, im Abstract, manchmal auch direkt im Leitmotto. Bei genauerer Betrachtung beschränkt sich diese Interdisziplinarität jedoch in vielen Fällen auf die dentalen Disziplinen. Bitte missverstehen Sie mich nicht – diese Zusammenarbeit ist wichtig und ist in der täglichen Praxis heute bereits Normalität. Doch noch immer ist zu hören sein, dass offenbar Berührungsängste bestehen, wenn es um ein weiteres Feld zusammenarbeitender Therapeutinnen und Therapeuten geht, auch jenseits der reinen Schul(zahn)medizin. Und nein, wir sprechen hier nicht von Schamanen oder Scharlatanen. Dabei sind sich alle Beteiligten einig in der dringenden Forderung, die Patientinnen und Patienten möglichst früh(er) zu sehen, präventiv handeln zu können. Zeit also, mit Vorurteilen aufzuräumen und die Dinge neu anzupacken.

Denn – nach aktuellem Stand werden die CMD-Patienten nicht weniger werden. „Nicht jeder gestresste Mensch entwickelt eine CMD, aber bei jedem CMD-Patienten spielt Stress eine Rolle im Krankheitsbild“. Auch dieser Satz stammt aus bereits zitiertem Interview, zu finden in dieser Ausgabe. Und dass der Stress in den kommenden Monaten weniger wird, daran dürfte wohl niemand glauben.

So hoffe ich, wir konnten wieder ein informatives Heft für Sie zusammenstellen.

Ein stressarmes Lesevergnügen wünscht Ihnen
Ihre Doris Hoy-Sauer

Doris Hoy-Sauer, Herausgeberin