Ist Homeoffice auch etwas für Zahnarztpraxen?
von Jennifer Jessie, Rechtsanwältin und Fachanwältin für Medizinrecht
Seit mittlerweile gut einem Jahr beschäftigt uns die Corona-Pandemie. Die Bevölkerung ist fast dauerhaft dazu aufgerufen, Kontakte zu meiden und zu Hause zu bleiben. Auch das Arbeiten von zu Hause soll breitflächig ermöglicht werden. Allerdings gibt es eine ganze Reihe an beruflichen Tätigkeiten, die gar nicht im Homeoffice ausgeübt werden können. Dies betrifft im Grunde alle systemrelevanten Bereiche, gerade im Gesundheitssektor und somit natürlich auch die Zahnarztpraxen. Um dem Infektionsschutz gleichwohl im Interesse der Mitarbeiter sowie der Patienten gerecht zu werden, haben Zahnarztpraxen sich zunehmend dazu Gedanken gemacht und Lösungen entwickelt, um den Praxisbetrieb sicher aufrecht zu erhalten. Dazu gehören auch Überlegungen, bestimmte Verwaltungs- und Bürotätigkeiten, die z.B. vom Praxismanager oder der Zahnmedizinischen Verwaltungsmitarbeiterin erbracht werden, möglicherweise ganz oder teilweise ins Homeoffice zu verlagern.
Auch wenn entsprechende gesetzgeberische Bemühungen aktuell in der Diskussion sind, gibt es keinen generellen Anspruch auf Homeoffice, auch nicht für Mitarbeiter mit Bürotätigkeiten. Die Bestimmung des Arbeitsorts gehört zum Weisungsrecht des Arbeitgebers und Arbeitnehmer können nicht einfach verlangen, von zu Hause zu arbeiten. Umgekehrt sind Arbeitgeber daher auch nicht verpflichtet, Homeoffice-Tätigkeiten generell anzubieten.
Lediglich aufgrund der aktuellen Pandemie-Lage ist aus Gründen des Infektionsschutzes die sog. Corona-Arbeitsschutzverordnung am 27.01.2021 in Kraft getreten, wonach generell alle Arbeitgeber befristet bis zum 15.03.2021 verpflichtet werden, Beschäftigten im Bereich von Büroarbeiten oder vergleichbare Tätigkeiten Homeoffice zu ermöglichen. Die Arbeitnehmer sind zwar nicht verpflichtet, das Angebot anzunehmen, es soll ihnen aber ermöglicht werden. Die Arbeitgeberverpflichtung zum Ermöglichen besteht nur dann nicht, wenn zwingende betriebsbedingte Gründe entgegenstehen. Dies kann z.B. dann der Fall sein, wenn in dem jeweiligen Betrieb die nötigen Arbeitsmittel oder sogar eine geeignete IT-Infrastruktur fehlen.
Ohne Zweifel stellt sich die Frage für Homeoffice im Bereich der Patientenbehandlung am Behandlungsstuhl sowohl für Zahnärzte als auch die Stuhlassistenz nicht. Allerdings im Bereich reiner Verwaltungs- und Bürotätigkeiten sollten Praxisinhaber sich durchaus veranlasst sehen, ernsthaft für sich zu prüfen, ob das Arbeiten von zu Hause aus Gründen des Infektionsschutzes in ihrem konkreten Fall möglich ist und auch umgesetzt werden kann. Selbstverständlich braucht es hierfür eine geeignete und im Hinblick auf die Patienten- und Gesundheitsdaten auch vor allem sichere Infrastruktur und Ausstattung. Fehlt es hieran und ist dies auch gerade im aktuell befristeten Zeitraum nicht mit zumutbarem Aufwand umsetzbar, wird ein zwingender betriebsbedingter Grund vorliegen, der der Verpflichtung zum Homeoffice für diesen Bereich nach der Verordnung entgegensteht. Praxisinhaber können dann auch nicht dazu verdonnert werden, Homeoffice bis zum 15.03.2021 ihren Mitarbeitern im Bereich reiner Bürotätigkeiten zu ermöglichen.
Gleichwohl schadet es nicht, heute schon an Morgen zu denken. Die Pandemie kann jedenfalls zum Anlass genommen werden, um die eigenen Praxisstrukturen zu überdenken und die Tätigkeitsausübung im Bereich der Verwaltung auch in einer Zahnarztpraxis nach Möglichkeit für die Zukunft ortsunabhängig zu gestalten. Unabhängig vom Infektionsgeschehen kann es als Chance gesehen werden, zumindest in diesem Bereich sich durch die Schaffung von Homeoffice-Lösungen noch mehr Spielraum und mehr Flexibilität zu verschaffen, was dauerhaft ein echter Zugewinn bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf sein kann und auch die eigene Attraktivität als moderner Arbeitgeber erhöhen kann.
Möchte man Homeoffice-Lösungen anbieten muss man selbstverständlich auch rechtliche Gesichtspunkte beachten und dann auch entsprechend berücksichtigen bzw. regeln. Ob im Homeoffice oder nicht, Arbeitgeber müssen z.B. generell auf die Einhaltung des Arbeitszeitgesetzes achten oder bei der Einrichtung des Arbeitsplatzes die Regelungen des Arbeitsschutzgesetzes beachten. Von erheblicher Bedeutung ist natürlich auch der Datenschutz, also die Anforderungen an die Datensicherheit und die IT-Infrastruktur. Allerdings sind dies alles keine generell unlösbaren Anforderungen, denn Recht ist kein Selbstzweck, sondern lediglich Mittel zum Zweck. Letztlich handelt es sich bei allen Punkten vor allem um Gestaltungsfragen, mit denen man sich zwar zu Beginn einmal sehr eingehend befassen muss, um darauf aufbauend nachhaltige Lösungen zu entwickeln. Allerdings liegt auch gerade darin die Chance, damit die Praxis sich zeitgemäß weiterentwickelt, um auch in Zukunft weiter erfolgreich zu sein.
Praxistipp
Die Corona-Pandemie hat dem Thema Homeoffice nochmal einen deutlichen Schub gegeben. Relevant ist dies für Zahnarztpraxen lediglich im Bereich von Verwaltungs- und Bürotätigkeiten. Sofern noch nicht geschehen sollten Zahnarztpraxen durchaus mutig sein, darin auch das Potential zu sehen, um die eigenen Praxisstrukturen im positiven Sinne zu überdenken und weiter zu optimieren. Selbstverständlich müssen gerade auch bei Homeoffice-Lösungen diverse rechtliche Aspekte bedacht werden. Allerdings ist auch das keine unlösbare Aufgabe, sondern letztlich vor allem eine Gestaltungsfrage. Praxisinhaber sollten sich hierfür qualifizierten Rat von Fachanwälten holen, die wissen, wie Zahnarztpraxen funktionieren und die sie von der Idee bis zur Umsetzung strategisch als auch rechtlich beraten und begleiten.
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