KFO, Karies und Kreidezähne

Konsequenzen für die Kindermundgesundheit

Eine Folge der Corona-Jahre 2020/2021, die möglicherweise nicht gleich auf der Hand liegt, wird stark steigender Kariesbefall bei Kinderzähnen sein. Eine „zahnmedizinische Katastrophe“ prophezeit gar Dr. Gerhard Konrad Seeberger, Präsident der FDI World Dental Federation. Und das weltweit. Die Gründe sind dabei vielfältig – und das Ergebnis zahlreicher Faktoren.

Während der ersten Welle des COVID-19-Ausbruchs waren Zahnarztpraxen auf der ganzen Welt gezwungen zu schließen – Deutschland ist hier eine der ganz, ganz wenigen Ausnahmen. Zwei bis drei Monate wurden die allermeisten zahnärztlichen Termine verschoben oder abgesagt, dringende Notfallbehandlungen ausgenommen. Die WHO berichtete, dass die Leistungen für die Mundgesundheit bei der medizinischen Grundversorgung zu den am stärksten von der Pandemie beeinträchtigten Bereichen gehören. In 77 Prozent der Länder wurden diese Leistungen teilweise oder vollständig ausgesetzt.

Zwischen der ersten und zweiten Welle konnten die Zahnarztpraxen in vielen Ländern wieder öffnen. Zahnärzte haben sich stets an die strengsten Sicherheitsmaßnahmen zur Infektionsprävention und -kontrolle gehalten und auch die während der COVID-19-Pandemie von den Regierungen angeordneten Hygienemaßnahmen dahingehend überarbeitet. Zudem zeigt eine kürzlich durchgeführte FDI-Umfrage, dass zahnärztliches Personal in den meisten Teilen der Welt deutlich niedrigere SARS-CoV-2-Infektionsraten aufweist als Mitarbeiter in anderen Bereichen des Gesundheitswesens. Dennoch mieden viele Menschen die Routineuntersuchungen und gingen erst dann zum Zahnarzt, wenn sie starke Schmerzen hatten. Viele hatten dann bereits fortgeschrittene Karies und damit verbundene Komplikationen – etwa Infektionen – entwickelt, was die Behandlung komplexer gestaltet.

Weder Individual- noch Gruppenprophylaxe

Doch sind geschlossene Praxen nur ein Teil der Wahrheit. Dass die Kinder hierzulande fast das gesamte Schuljahr 2020/21 im Homeschooling verbrachten, trägt einen weiteren, erheblichen Teil zur stark gestiegenen Kariesprävalenz bei. Einerseits fehlten Routinen (das tägliche Zähneputzen), bei Kindern und Eltern. Andererseits sind Süßigkeiten und kleine Snacks zuhause nur eine Griffweite entfernt – und Eltern, oft selbst im Homeoffice beschäftigt und unter starkem Druck, vielleicht nicht ganz so aufmerksam wie sonst.

Vor allem aber entfiel aufgrund des Schulausfalls die Gruppenprophylaxe des Öffentlichen Gesundheitsdienstes – erwiesenermaßen ein Erfolgsgarant in der Kariesbekämpfung. Dies wird sich auch auf absehbare Zeit nicht ändern, auch wenn der Schulbetrieb zwischenzeitlich wieder läuft: Seit dem Ausbruch der Corona-Pandemie im Frühjahr 2020 haben sich die Aufgaben fast aller Mitarbeiter der Gesundheitsämter dramatisch verändert. Auch jene, die sich zuvor um die Zahngesundheitsförderung von Kindern gekümmert haben, sind in den Telefondienst gewechselt. Sie rufen CoronaInfizierte und deren Kontaktpersonen an, klären das weitere Vorgehen ab. Selbst Schuleingangsuntersuchungen entfielen größtenteils in den Gesundheitsämtern – eine weitere Gelegenheit, den Mundgesundheitsstatus festzustellen und hierauf zu reagieren. In allen Gesundheitsämtern liegt auch im zweiten Jahr der Pandemie der Fokus klar auf der Bewältigung der Corona-Krise – heute vielleicht mehr denn je.

Kinderzähne besonders betroffen
Diese Faktoren erklären auch, warum vor allem die Kinderzähne von den steigenden Karieszahlen betroffenen sind. Zu diesem Schluss kam bereits eine im Frühjahr veröffentlichte Studie aus Japan. Untersucht wurde der Mundgesundheitsstatus von 336 Kindern 2019 und 2020. Während im Vergleichsjahr 2019 lediglich 4,2 Prozent der Kinder unter Karies litten, waren es ein Jahr später – also nach dem ersten Lockdown – bereits 7,8 Prozent. Ob sich die Zahlen auf Europa, den deutschsprachigen Raum übertragen lassen? Es gibt keinen Grund, daran zu zweifeln.


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