KI-unterstützte Röntgenbildauswertung

Mediziner nutzen künstliche Intelligenz (KI) bereits bei der Erkennung von Brustkrebs auf Mammographien, von Hautkrebs bei klinischen Hautuntersuchungen oder um eine diabetische Retinopathie bei Augenuntersuchungen zu erkennen. In der Zahnmedizin steht die Röntgenbildanalyse im Vordergrund. Die Forschung auf diesem Gebiet nahm in den letzten fünf Jahren erheblich zu – und lieferte bisher vielversprechende Ergebnisse.

(veröffentlicht in Ausgabe 01|2022)

Bisherige Untersuchungen zur KI in der Zahnmedizin

Eine Berliner Arbeitsgruppe ließ in einer Studie 3.686 Bissflügelaufnahmen von vier erfahrenen Zahnärzten und KI-Software auswerten. [1] Von den 3.686 Bildern dienten 3.293 zu Trainingszwecken, 252 zur Validierung und schließlich 141 als Testdatensatz. Es sollten Schmelzläsionen in der äußeren und inneren Schmelzhälfte (E1/E2) und Dentinläsionen im mittleren und inneren Dentindrittel (D2/D3) erkannt werden. Bei der Detektion vorangeschrittener kariöser Läsionen war der Unterschied zwischen KI und Zahnärzten nur minimal. Beim Erkennen früher Kariesstadien war die KI deutlich besser. Insgesamt war die KI-Software genauer.

Eine andere Arbeitsgruppe nutzte ein künstliches neuronales Netz (Convolution Neural Network = CNN), um parodontalen Knochenverlust auf Bildsegmenten von zahnärztlichen Panoramaschichtaufnahmen zu erkennen. Das mäßig komplexe CNN, das auf einer begrenzten Anzahl markierter Röntgenbilder trainiert wurde, erkannte parodontalen Knochenverlust zumindest ähnlich genau wie erfahrene Zahnärzte. [2]

In einer weiteren Studie zeigte die Nutzung eines künstlichen neuronalen Netzwerkes bei 2001 Bildsegmenten aus Panoramaschichtaufnahmen eine hohe Spezifizität und eine moderate Sensitivität in der Detektion von apikalen Läsionen. Bei Molaren erkannte die Software apikale Läsionen besser als bei anderen Zahntypen. [3]

Wie funktioniert die Bildauswertung mittels KI?

Die wesentlichen Grundlagen der Bildauswertung mittels KI sind das maschinelle Sehen und das Deep Learning.
Maschinelles Sehen: Maschinen sehen auf Bildern – anders als wir Menschen – nur Zahlen: Intensitätswerte von Bildpunkten (Pixeln). Sollen Maschinen das Sehen erlernen, müssen bestimmte Bildeigenschaften (Kanten, Farben, Texturen) mit Filtern extrahiert und hervorgehoben werden. Durch sehr viele Filter auf demselben Bild entsteht eine multidimensionale numerische Abbildung, die für den Menschen nicht mehr fassbar wäre. Diese Datenstruktur beschreibt für die Maschine den Inhalt des Bildes. [4]

Deep Learning: Deep Learning ist ein Teilbereich des maschinellen Lernens. Es nutzt neuronale Netze, um große Datensätze zu analysieren. Die Funktionsweise der künstlichen neuronalen Netze ist vom menschlichen Gehirn inspiriert, nur können größere Datenmengen viel schneller analysiert werden. Die tiefen neuronalen Netze (Deep Neural Networks) bestehen aus vielen Schichten von Verarbeitungseinheiten, den künstlichen Neuronen. Indem die Systeme das Erlernte immer wieder mit neuen Inhalten verknüpfen, lernen sie von sich aus dazu.

Fazit: Eine KI-gestützte Vorbefundung von Röntgenbildern hat großes Potenzial zu einer besseren Diagnostik und damit zu einer besseren Therapiequalität zu führen, zudem spart sie Zeit bei arbeitsintensiven Routineaufgaben. Diese Anwendungen müssen ihre Leistungsfähigkeit allerdings in der Zukunft noch durch weitere Studien belegen.


 

Literaturhinweise:

[1] Cantu AG, Gehrung S, Krois J, Chaurasia A, Rossi JG, Gaudin R, Elhennawy K, Schwendicke F. Detecting caries lesions of different radiographic extension on bitewings using deep learning. J Dent. 2020 Sep; 100: 103425. doi.org/10.1016/j.jdent.2020.103425.

[2] Krois, J., Ekert, T., Meinhold, L. et al. Deep Learning for the Radiographic Detection of Periodontal Bone Loss. Sci Rep 9, 8495 (2019). doi.org/10.1038/s41598-019-44839-3

[3] Ekert T, Krois J, Meinhold L, Elhennawy K, Emara R, Golla T, Schwendicke F. Deep Learning for the Radiographic Detection of Apical Lesions. J Endod. 2019 Jul; 45 (7): 917‒922.e5. doi.org/10.1016/j.joen.2019.03.016.

[4] F. Schwendicke, R. A. Gaudin, J. Krois: Wie kann KI uns nützen? zm 2020, Heft 22, S. 40‒46. iww.de/s5033


 

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