Volkskrankheit Parodontitis

Wie mangelnde Mundgesundheit Diabetes und Herz-Kreislauferkrankungen begünstigt

Rund 8,5 Millionen Menschen in Deutschland sind an Diabetes mellitus Typ 2 erkrankt. Hinzu kommt eine Dunkelziffer von mindestens 2 Millionen Menschen. An Parodontitis leiden rund 35 Millionen. Biologisch hängen beide Volkskrankheiten zusammen, darauf verweisen der Bundesverband der Niedergelassenen Diabetologen e.V. (BVND) und die Bundeszahnärztekammer (BZÄK) bereits anlässlich des Weltdiabetestags am 14. November.

Eine Diabeteserkrankung ist gekennzeichnet durch einen dauerhaft erhöhten Blutglukosespiegel. Bei Diabetes mellitus unterscheidet man im Kern zwischen zwei Typen: Diabetes Typ 1 tritt vorwiegend in der Kindheit oder Jugend auf. Durch eine Autoimmun-Destruktion von Pankreaszellen bei den Betroffenen wird ein Insulinmangel ausgelöst, sodass es zu einem erhöhten Blutzuckerspiegel kommt. Diabetes Typ 2 hingegen ist eine über die Zeit erworbene Insulinresistenz, die primär eine Konsequenz von Lebensgewohnheiten ist, wie zum Beispiel ungesunde Ernährung, Übergewicht und zu wenig Bewegung. Diabetes Typ 2 ist die verbreitetste Form des Diabetes mellitus.

Parodontitis ist eine chronische Entzündung des Zahnhalteapparates, in dem die Zähne verankert sind. Verursacht wird sie durch Bakterien im Zahnbelag.

 

Zwei Volkskrankheiten, die sich gegenseitig verstärken
Dank Forschung weiß man heute mehr über die engen Verflechtungen unterschiedlicher Erkrankungen. Studien zeigen: Eine bidirektionale – also sich gegenseitig beeinflussende – Beziehung besteht auch zwischen Diabetes und Parodontitis. Zudem existieren diverse immunologische und klinische Ähnlichkeiten zwischen den beiden Erkrankungen.

Bei Diabetikern schreitet eine Parodontitis oft schneller voran, verläuft häufig schwerer und in der Regel verlieren sie mehr Zähne als Menschen ohne Diabetes. Diabetiker mit gut eingestellten Blutzuckerwerten sprechen wesentlich besser auf eine Parodontitis-Behandlung an.

„Nicht nur biologisch, auch bei den Risikofaktoren beider Erkrankungen gibt es Parallelen. Das gilt zum Beispiel für einen ungesunden Lebensstil, Stress, Zuckerkonsum, Adipositas, das Rauchen und Alkohol sowie eine genetische Prädisposition“, so Dr. Nikolaus Scheper, Vorsitzender des BVND. „Hinzu kommt: Beide Erkrankungen entwickeln sich meist unbemerkt und werden oft erst spät erkannt.“

„Andererseits können Mikroorganismen, sprich Bakterien, über die Blutgefäße des Zahnfleisches in den Blutkreislauf gelangen, so dass eine Parodontitis mit zahlreichen Erkrankungen des Gesamtorganismus, wie zum Beispiel Diabetes mellitus, Herzinfarkt, Schlaganfall und rheumatoider Arthritis, assoziiert ist. Es ist wichtig, die Patientinnen und Patienten über diese Zusammenhänge zu informieren. Auch die fachübergreifende Zusammenarbeit ist wertvoll“, erklärt Dr. Romy Ermler, Vizepräsidentin der BZÄK.

 

Bundesverband der Niedergelassenen Kardiologen
(BNK) und Bundeszahnärztekammer (BZÄK) kooperieren Insbesondere der Zusammenhang zwischen Herz-Kreislauferkrankungen und Parodontitis bereitet Medizinerinnen und
Medizinern Sorgen. Um stärker über diese Zusammenhänge aufzuklären, haben der Bundesverband der Niedergelassenen Kardiologen (BNK) und die Bundeszahnärztekammer (BZÄK) eine Kooperation gestartet.

„Parodontitis, eine Entzündung des Zahnhalteapparates, ist eine sogenannte stille Krankheit, die anfangs symptomlos verläuft und damit im Verborgenen sehr viel Unheil anrichten kann“, erklärt Ermler dazu. „Parodontitis und Herz-Kreislauf- Erkrankungen werden zu oft isoliert betrachtet. Es ist wichtig, dass wir als Ärzte verschiedener Fachrichtungen eng zusammenarbeiten, wenn diese Krankheiten bemerkt werden.“

„Es gibt mittlerweile signifikante Belege für den Zusammenhang von Parodontitis und verschiedenen Herz-Kreislauf-Erkrankungen, deshalb begrüßen wir die Kooperation“, so der BNK-Bundesvorsitzende Dr. Norbert Smetak. „Das frühzeitige Erkennen und die Behandlung einer Parodontitis sind deshalb wichtige Präventionsmaßnahmen, um Allgemeinerkrankungen
entgegenzuwirken, die im schlimmsten Falle zum Tod führen können, z.B. wenn es zu einer schweren Entzündung der Herzklappen kommt. Im Patientengespräch kann die Frage nach der Zahngesundheit daher einen wichtigen Impuls zur Abklärung einer möglichen Parodontitis geben.“

 

Empirische Studien belegen Zusammenhang
Die schwedische PAROKRANK-Kohortenstudie hat gezeigt, dass Personen mit einer Parodontitis zu Studienbeginn ein um 49 Prozent höheres Risiko hatten, einen Herzinfarkt oder
Schlaganfall in den nächsten sechs Jahren zu erleiden, als Menschen mit guter Zahngesundheit. Je schwerer die Zahnbetterkrankung, desto höher war das Risiko.

Auch das Risiko für Bluthochdruck (Hypertonie) – ebenfalls eine Volkskrankheit – erhöht sich bei einer Parodontalerkrankung. Eine sogenannte Metaanalyse, durchgeführt vom Eastman Dental Institute des University College London, bei der 81 Studien aus 26 Ländern berücksichtigt wurden, ergab, dass der durchschnittliche systolische Blutdruck von Menschen mit Parodontitis um 4,5 mmHg höher ist als bei Personen mit gesundem Zahnfleisch. Der diastolische Blutdruck war durchschnittlich um 2 mmHg höher. Zur Einordung: Schon ein Blutdruckanstieg von 5 mmHg erhöht das Sterberisiko durch Herzinfarkt oder Schlaganfall um 25 Prozent.

Interdisziplinär ausgerichtete Behandlung gefragt
Die Alterung der Gesellschaft führt dazu, dass chronische Krankheiten in der Bevölkerung zunehmen – es ist insbesondere mit einem Zuwachs an Parodontitis und
Diabetes- Erkrankungen zu rechnen. Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind bereits heute die häufigste Todesursache in Deutschland. Deshalb und aufgrund der Wechselwirkungen zwischen der Mundgesundheit und den Krankheiten ist eine stärker interdisziplinär ausgerichtete Behandlung gefragt. Besteht bei Ihnen das Risiko einer Parodontitis?

Dann machen Sie einen ersten Test unter www.paro-check.de.